Zum 01.07.2008 ist das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) in Kraft getreten. Es ermöglicht Beschäftigten, kurzfristig der Arbeit fernzubleiben oder „Pflegezeit“ in Anspruch zu nehmen. Dien euen Freistellungsansprüche sind mit einem Sonderkündigungsschutz flankiert, was die taktischen Möglichkeiten erweitert.

Ziel des Gesetzes ist, Beschäftigten die Möglichkeit zu eröffnen, pflegebedürftige nahe Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen und damit die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege zu verbessern.

Anwendungsbereich: Die gewährten Rechte kommen allen Beschäftigten zugute. Dazu zählenArbeitnehmer, die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten (z.B. Auszubildende, Praktikanten),arbeitnehmerähnliche Personen, Heimarbeiter und die ihnen Gleichgestellten. Der Beschäftigtekann seine Rechte aus dem PflegeZG bereits ab dem ersten Beschäftigungstag geltend machen.Einer „Wartezeit“ bedarf es nicht.

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung: Nach § 2 PflegeZG haben Beschäftigte – unabhängig von der Unternehmensgröße – das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, wenn dieser forderlich ist, um für einen Pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in Grundlage dieses Leistungsverweigerungsrechts des Beschäftigten bildet die Pflegebedürftigkeiteines nahen Angehörigen, wobei hinsichtlich der Pflegebedürftigkeit alle drei Pflegestufen nachdem Pflegeversicherungsrecht erfasst werden. Der Kreis der nahen Angehörigen ist im Gesetzabschließend festgelegt: Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Geschwister, Ehegatte oder Kinder,Lebenspartner, die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft sowie Adoptiv- und Pflegekinder.
Auch die Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners sowie die Enkel und Schwiegerkinder zählen dazu.Der Beschäftigte benötigt für das Fernbleiben von der Arbeit nicht die Zustimmung desArbeitgebers. Er muss ihm nur die Verhinderung und deren voraussichtliche Dauer unverzüglichmitteilen. Die Mitteilung bedarf keiner besonderen Form. Sie kann auch mündlich erfolgen.Um die Rechtmäßigkeit des Fernbleibens überprüfen zu können, kann der Arbeitgeber vom Beschäftigten eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen sowie die Notwendigkeit der pflegerischen Versorgung verlangen.

Pflegezeit: Fernerhin hat der Beschäftigte nach § 3 PflegeZG einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung für maximal bis zu 6 Monaten, wenn er einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegt, wenn der Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Beschäftigte hat und der Anspruch spätestens 10 Tage vorher angekündigt wurde. Der Arbeitgeber hat kein Recht, die Freistellung zu verweigern. Nur bei teilweiserFreistellung, kann der Arbeitgeber dringende betriebliche Belange entgegensetzen..Eine Verlängerung/Verkürzung innerhalb der Höchstdauer von 6 Monaten bedarf derZustimmung des Arbeitgebers. Eine zustimmungsfreie Verlängerung der Pflegezeitausnahmsweise möglich, wenn ein vorgesehener Wechsel in der Person des Pflegenden auswichtigem Grund nicht erfolgen kann. Dagegen ist eine vorzeitige Beendigung der Pflegezeit nurdann zustimmungsfrei, wenn der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig oder die Pflegeunmöglich oder unzumutbar ist. Hier endet die Pflegezeit automatisch 4 Wochen nach demEintritt der veränderten Umstände. Über diese hat der Beschäftigte den Arbeitgeber unverzüglichzu informieren. Der Beschäftigte kann für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen zeitlichaufeinanderfolgende Pflegezeiten nehmen. Dies gilt selbst dann, wenn er sich die Pflege mit eineranderen Person teilt. Die Pflegezeit kann auch zeitlich unmittelbar nach einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung beansprucht werden.

Kündigungsschutz: Der Arbeitgeber darf § 5 Abs. 1 PflZG das Beschäftigungsverhältnis vonder Ankündigung bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung oder der Pflegezeitnicht kündigen. Eine geringe pflegebedingte Arbeitszeitreduzierung von nur 15 Minuten täglich sind ausreichend!
Kein Zahlungsanspruch: Das PflegeZG sieht keinen Anspruch des Beschäftigten auf Entgeltfortzahlung für die Dauer der Pflegezeit vor. Bei der kurzfristigen Arbeitsverhinderung(bis zu 10 Arbeitstagen) kann sich ein Anspruch aus § 616 BGB ergeben.
Eine erleichterte Befristungsmöglichkeit für den ausfallenden Arbeitnehmer eröffnet§ 6 PflZG.
Fazit: Das neue PflZG eröffnet neue Freiräume für Arbeitnehmer, vor allem taktische Varianten im Kündigungsschutz. Details sind jedoch umstritten. Arbeitgeber müssen wieder einmal mehr Obacht geben.

Dr. Olaf Meier
Fachanwalt für Arbeitsrecht