Nach bisheriger Rechtslage verfällt der Urlaub, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub krankheitsbedingt nicht bis zum 31.03. des Folgejahres nehmen konnte.
Jetzt hat der EuGH (20.01.2009 – C 350/06) entschieden, dass Arbeitnehmer auch dann Anspruch auf den gesetzlichen Jahresurlaub haben, wenn sie während des gesamten Kalenderjahres einschließlich des Übertragungszeitraums arbeitsunfähig sind und die Arbeitsunfähigkeit auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses andauert.
Nach Auffassung des EuGH stelle es einen Verstoß gegen den in einer Richtlinie (2003/88/EG) enthaltenen Anspruch auf Mindesturlaub dar, sofern Arbeitnehmern dieser Urlaub allein deshalb versagt wird, weil sie in dem vom Mitgliedstaat festgelegten Bezugszeitraum tatsächlich nicht gearbeitet haben. Es sei zwar nicht zu beanstanden, wenn die Mitgliedstaaten mit der Festlegung eines Übertragungszeitraums dem Arbeitnehmer eine zusätzliche Möglichkeit eröffnen, in den Genuss des Urlaubs zu kommen. Das darf jedoch nicht zur Folge haben, dass ein eventueller Urlaubsanspruch mit Ablauf des Übertragungszeitraums automatisch erlischt, sofern der Arbeitnehmer auf Grund seiner Erkrankung nicht die Möglichkeit hat, den Anspruch tatsächlich auszuüben. Hinsichtlich der Abgeltung des Urlaubs sei bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses festzustellen, dass die Richtlinie einen Urlaubsanspruch unabhängig vom Gesundheitszustand des Arbeitnehmers gewähre.
Das LAG Düsseldorf hat in Reaktion hierauf entschieden, dass die vom EuGH entwickelten Grundsätze nur für den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen und nicht auch für einen vertraglichen/tariflichten Mehrurlaub gelten.
Eine Folge dieser neuen Rechtsprechung könnte z.B. sein, dass ein Arbeitnehmer, der den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen hat und seit drei Jahren dauerhaft arbeitsunfähig ist, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im vierten Jahr einen Urlaubs(abgeltungs)anspruch von 16 Wochen (!) haben kann.
Daher sind wegen der neuen Rechtsprechung aus Arbeitgebersicht unbedingt die Arbeitsverträge zu prüfen und bei krankheitsbedingten Kündigung besonders Obacht zu geben.
Dr. Olaf Meier
Fachanwalt für Arbeitsrecht